Zu Gast bei Guy Helminger und Navid Kermani:
1972 in Moskau geboren, gilt Maria Stepanova als die wichtigste russische Autorin ihrer Generation. Im März 2022 gehörte sie zu den Unterzeichnern eines Appells, die Wahrheit über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu verbreiten. Der Umgang mit Geschichte, das Verklären einer imaginären Vergangenheit sind aber auch zentrale Themen ihrer Werke. Egal ob Roman, Essay oder Gedichtzyklus, stets hinterfragt Stepanova das kollektive Gedächtnis Rußlands, auf das sich der Kreml heute bei seiner Kriegsführung beruft. „Tiefe Menschlichkeit und überragender Scharfsinn prägen dieses Buch, das höchste Belehrung und höchsten Genuß bieten“, schrieb die NZZ über ihren Roman „Nach dem Gedächtnis“, der auf der Shortlist des internationalen Booker-Prize stand: „Nicht zuletzt aber bewahrt sie der Humor davor, einem blinden Kult der Vergangenheit zu verfallen.“ Im April nun erscheint ihr neuestes Buch auf deutsch, das während der Pandemie in einer rauschhaften poetischen Inspiration in Moskau entstand. „Winterpoem“ spricht von Verbannung und Exil, von sozialer Isolation und existentieller Verlassenheit – prophetisch auch von der Gegenwart. Zur Zeit lebt Stepanova in Berlin.